Thursday, May 29, 2008

Sie wünschen bitte?

Ein Spiel, ein Spiel zwischen Jäger und Beute. Einem Tanz gleich, mit Partnern, wie sie unterschiedlicher und unbekannter nicht sein könnten. Wie ein plötzliches, und doch erwartetes, morgendliches Treffen unten am Wasserloch, wo die verschiedensten Arten auf einander treffen. Jede sorgsam ihres Freiraumes bedacht, ein vorsichtiges Herantasten und Beschnuppern, wohl wissend, dass hier sämtliche Grenzen und Regeln fließend in einander übergehen.

Der Körper wachsam, die Augen in Bewegung, jede Regung verfolgend und kritisch wertend. Ein letzter Blick in die Runde und der Vorhang fällt. Während die Beute ihre Augen noch suchend umherschweifen lässt, weiß sie nicht, dass sie schon lange zum festgelegten Ziel geworden ist, verstrickt im Netz des Abends, unfähig sich zu befreien. Was wird geschehen? Was ist zu erwarten? Lob? Tadel? Ablehnung? Freudiges Erstaunen? Oder aber genervte Abweisung und stummer Argwohn?
Millionenfache Adrenalinstöße reichen sich die Hand, durchfahren den Körper von den Füßen bis zu den Haarspitzen. Der Rücken streckt sich, ein Lächeln erstrahlt, die Schritte werden forscher, die Schultern durchgedrückt, während die Fingerspitzen in einander verschränkt ein Eigenleben zu führen scheinen. Niemals ist diese Jagd die gleiche, stets eine Achterbahntour zwischen Talfahrt und hohen Bergen, mal mehr, mal weniger. Eine unbedachte Äußerung, eine zu hastige Bewegung, und schon ist das Gefühl, die zwischenmenschliche Beziehung, dieser Tanz für den Moment buchstäblich im Keller. Eine Akrobatik auf dem Hochseil der deutschen Sprache, bei dem man sich nur zu schnell im metaphorischen Sinne den Hals brechen kann.
Und der Tanz beginnt. Mit allen Sinnen bedacht, ein ständiges Geben und Nehmen, ein Vor und Zurück, der Jäger umtänzelt die Beute, schmeichelt ihr, versucht sie zu überzeugen, zu verkaufen, zu präsentieren, und doch dabei den Schein der Dinge zu wahren. Der Rückzug als Teil des Angriffs, kaum ein Auge verlässt den Ort des Geschehens. Die kleinste Bewegung, der kleinste Wink, und der Jäger ist zur Stelle, bereit, zuzustoßen, abzuwarten, zu täuschen, zu spielen.
Ist erst der erste Akt geschafft, die Finger, zärtlich den blinkenden Stahl umschmeichelnd, wie von selbst nach den langhalsigen, dünnen Stielen tastend, der Kerzenschein sich geheimnisvoll in der Flasche bricht und ein Muster aus grünen Katzenaugen auf das blütenweiße Tischtuch streut, die restliche Welt im Nebelschein der freudigen Beschäftigung versinkt, dann erwacht eine triumphale Regung des Hochgefühls. Der Jäger war erfolgreich, Sommelier und Gardemanger reichen sich die Hand, der Tanz beendet. Beute und Jäger trennen sich, möglicherweise nur ein Spiel für einen Abend, und doch in Erhabenheit und Desaster eng miteinander verbunden.

Monday, May 05, 2008